Wem man nützt und wem man schadet

Ohne Hoffnung
Die Behauptung (von Christiane Hoffmann in „Revolution der Revolutionskinder“), dass die russische Revolution 1917 nur eine Palastrevolte gewesen sei, ist so unsinnig wie die Vorstellung, dass der Aufstand im Iran nicht eben genau diesem Ziel untergeordnet werden könnte: einer Palastrevolte. Manche Beobachter wollen sogar wissen, dass es sich um eine Provokation der Regierung handle, um „unsichere Elemente“ auszuschalten, solche innerhalb des Regimes. Nun, das sei dahin gestellt, zumal diese Rechnung, sollte sie denn bestanden haben, nicht aufzugehen scheint, ob dieser Massenbewegung. Eine ebensolche Tatsache, wie jener enorme Überhang einer Jugend – es sollen mehr als 60 % jünger als 20 Jahre alt sein -, der dieser Revolte eine Unerbittlichkeit verleiht, wie man sie nach diesen Jahren der Ruhe – seit dem Studentenaufstand 1999 – , nicht mehr erwartet hatte. Diese soziale Grundlage ist es, die im Übrigen auch in den Aufständen in Griechenland – kürzlich erst – eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte, auch dort rebelliert eine Jugend ohne Hoffnung, ganz ohne Hoffnung. Es wäre dies nämlich eine Hoffnung auf eine Zukunft, die es weder in Griechenland noch im Iran geben dürfte, gleich ob in einem säkular oder theokratisch verfassten Kapitalismus.

faz.net/Revolte in Iran: Das wichtigste Ereignis unserer Zeit, 21.06.09

Wem man nützt und wem man schadet
Wenn Nooke die rhetorische Frage stellt: „Es ist mir unverständlich, dass die Welt monatelang über umstrittene Äußerungen des Papstes streiten konnte, aber Chameneis wenig verklausulierten Schießbefehl fast achselzuckend zur Kenntnis nimmt,“ dann verwechselt er Äpfel mit Birnen, sie mögen ja beide verwandte Früchte sein, aber eben nicht identische.
Ein Papst tritt als Oberhaupt der katholischen Kirche im Namen der gesamten Katholiken – und dies recht eigentlich für die westliche Welt – auf. Ein iranischer Mullah oder Ajatollah recht eigentlich nur im Namen der Schiiten des Iran. Es steht „uns“ (allen Bürgern des Westens) gut an, darauf zu achten, was ein Papst u. U. anrichten kann, mit seiner im Westen/für den Westen recht aktiven aber doch nur symbolischen Machtbefugnis. Er hat keinerlei offizielle diplomatische Legitimation, es sei denn für den Vatikanstaat. Darüber hinaus ist er bestenfalls der ranghöchste „Diplomat“ eines christlich-katholischen Gottes. Die Auseinandersetzung mit einem Ajatollah, wie dem Chamenie, hingegen, ist eine auf diplomatischem Parkett, soweit sie unter Regierenden geschieht. Hier muss man genau überlegen, was man sagt und wem man damit nützt oder gar schadet.

faz.net/Kritik auch an Steinmeier; Nooke: „Leisetreterei im Umgang mit Iran“, 22.06.09

siehe auch: „Gut reden“

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