Das faustische Prinzip

Sowjetische Wissenschaft gleich Kreationismus?
@Klein: Wenn Sie als „promovierter Mathematiker“ bezeugen, dass Marx kein Verständnis für die Mathematik gehabt hat, und dabei auch noch erklären, dass Sie ihn nur auszugsweise gelesen haben (haben Sie denn sein Hauptwerk – Das Kapital – wenigstens gelesen, wohl eher nicht, orakeln hier aber frei weg über eine „Unmöglichkeit“ solche Krisen vorherzusagen, da doch vergleichbar mit Erdbeben/da Chaostheorie), mag das noch so durchgehen, Sache der persönlichen Anschauung – der Ideologie – halt, aber dass Sie der sowjetischen Wissenschaft, „Kreationismus“ unterschieben, ist dann doch der Unseriösität zu viel. Wohl nicht von ungefähr war es gerade diese Wissenschaft, die auf den Gebieten der Mathematik (ich selbst bevorzugte während meiner Zeit auf dem Wirtschaftsgymnasium ein sowjetisches Lehrbuch der Mathematik, so gab es da den großen Katorowitsch/Nobelpreisträger, der auch den Wirtschaftswissenschaftlern was zu sagen hatte), der Physik (Ginsburg/Abrikossow/Alfjorow – alle drei Nobelpreisträger), der Chemie (Butlerow, und auch Prigogine/“Paradox der Zeit“/Nobelpreisträger, der 1921, durch die Familie, Russland verließ, war Russe) der Psychiatrie/Physiologie (Pawlow/Nobelpreisträger), um nur einige genannt zu haben, Weltspitze war.

Mit dem Rücken zur Dialektik
@Dr. Klein (in der FAZ nicht veröffentlichte Rückantwort, Kommentarfunktion wurde geschlossen)
Daher mit folgenden Vorwort versehen:
„Sehr geehrter Herr Dr. Klein, die FAZ-Redaktion hat leider den Kommentar nun
hierzu gesperrt. Auf Ihre letzte Antwort würde ich Ihnen aber gerne noch
einmal zurück antworten, da ich merke, dass Sie das Thema mehr beschäftigt,
als die Polemik zunächst erscheinen lassen wollte. Sie ist jetzt ein wenig
länger geworden, da ich nicht mehr beschränkt bin durch die Zeichenvorgaben
der FAZ. Sie ist auch keine direkte Antwort, sondern eigentlich ein
wissenschaftliches Rätsel, mit dem ich mich selber beschäftige. So erkennen
Sie auch, dass die Dialektik für mich keine fertige „Doktrin“ darstellt,
sondern eine durchaus zu hinterfragende Theorie/Methode.
Ich veröffentliche das auch in meinem privaten Blog (www.herold-binsack.eu
). Wenn Sie wünschen, können Sie auch dort
antworten/kommentieren, bzw. an meinen priv. Account bei der FAZ antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Herold Binsack“

Wissenschaftler mögen Dialektik nicht, ich stehe auch im ständigen Kampf mit einem befreundeten Kernphysiker, doch in der Kritik der Warengesellschaft ist Marx auf das Bewegungsgesetz dieser Gesellschaft gestoßen. – Durch Hegel, durch die Kritik eines objektiven Idealismus in Hegel, durch die Beschäftigung mit Feuerbach, und dessen mechanischen Materialismus. Durch die Kritik der politischen Ökonomie am Fall Adam Smith u.a.. Die kapitalistische Warengesellschaft bewegt sich in Widersprüchen, das Kapital selbst ist Widerspruch, ist „verwerteter Wert“, reale Metaphysik. Die bürgerliche Wissenschaft steht im Dienst dieser realen Metaphysik, ist Teil ihrer Produktivkraftentfaltung, ist „automatisches Subjekt“, dem Kapital zugewendet, mit dem „Rücken zur Dialektik“. Ist auch die Natur dialektisch zu verstehen, oder ist das nur die Form unseres Denkens, auf einer bestimmten, nun „kritischen“, Entwicklungsstufe? Kann es sein, dass unser Gehirn anders tickt als die reale Außenwelt? Die Neurophysiologie wünscht sich da eine völlige Identität (Singer). Dass dem vermutlich nicht so ist, behauptet die Philosophie. Gibt es da eine Lücke, einen unverstandenen Rest, einen blinden Fleck, frage ich mit Slavoj Žižek? Und wäre nicht gerade diese Lücke, ein Beleg, für die Dialektik (in der Natur), für die Verwicklung eines „Transparenten Selbst“ mit der Außenwelt, welche die Innenansicht wegblendet und nur so diesem geblendeten „Selbst“ „Authentizität“ vermittelt? Ist nicht der Widerspruch das alles Bestimmende im Sein, im Werden des Seins, im Werden zum Sein, da Sein im Werden? Oder täuscht uns da unsere eigene Semantik? „Kritische Theorie“ wie „kritische“ Theorie?
Die Mathematik mag dem nicht folgen, denn ihre Gleichungen gehen immer auf, ja müssen aufgehen. Keine Lücken, keine Sprünge, keine blinden Flecke. Aber belegt dies Naturgesetzlichkeit, oder nicht eher, dass wir mit der Mathematik nur bekanntes Terrain erforschen, streng eingegrenztes, von uns erobertes, widerspruchfrei logisches, ebenso Konstrukte des menschlichen Geistes. Es wundert daher nicht, dass da, wo die Mathematik endet, nämlich dort, wo sie mit mehr als einer Unbekannten operieren soll, die Wissenschaft aber nicht aufhört (das schmeichelt der Mathematik nicht, der „Wissenschaft der Wissenschaften“). Wir bewegen uns nun im Bereich der Wahrscheinlichkeiten nicht mehr der Gewissheiten. Wir verlassen auch die klassische Physik. Die Quantenphysik stellt uns nämlich vor dieses Problem. Und die Chaostheorie ist hiervon vermutlich nur ein Widerschein. Und vielleicht liegt nun jenseits derer beiden die Antwort. Mit Gewissheit etwas voraussagen, kann man wohl nicht mehr, aber mit „Wahrscheinlichkeiten“ rechnen, das doch wohl. – Oder ist das kein „Rechnen“ mehr?
Marxens „Das Kapital“ beschäftigt sich damit noch nicht, die Fragen stellten sich damals so nicht. Aber seine Theorien reißen das Tor dazu weit auf. Die Beziehungen „Lohn, Preis und Profit“, das Verhältnis zwischen „Durchschnittsprofitrate“ und „Maximalprofit“, die Problematik zwischen Schaffung des Werts/des Mehrwerts (abstrakte Arbeit) und der Verwertung des Werts (auf dem Markt), um mal nur diese Komplexe hervor gehoben zu haben, zeigen eindeutig auf die Notwendigkeit von Wahrscheinlichkeitsberechnungen.
Und würde sich die bürgerliche Wissenschaft, resp. die ökonomische, mit diesen Fragestellungen auf der Grundlage der marxschen Vorgaben beschäftigen – Popper ist dafür kein Ersatz, bestenfalls dessen Surrogat – , könnte sie nicht mehr behaupten, dass Krisen nicht voraus berechenbar seien. Aber, dann wären sie sowenig „bürgerliche Wissenschaft“, wie das Kapital eben Kapital. Es besteht kein Interesse daran, allein schon deshalb, weil die Gesetzmäßigkeiten (zumal auf marxscher Grundlage) schlichtweg bestritten werden. – Kapital ist Schicksal/Zufall nicht „Notwendigkeit“, und wenn Notwendigkeit, dann Gott gegebene. – Und Krisen sind vielleicht ein Vorgeschmack auf die Hölle!

Auf diese Anwort erhielt ich nun eine Rückantwort, begleitend hierzu veröffentlichte nun Dr. Klein einen weiteren Beitrag in der FAZ. Diesen lasse ich unkommentiert, zumal ich nicht glaube, dass Herr zur Kommentierung der Philosophie (der Dialektik) der geeignete Mann ist.

Seine Antwort an mich und meine erneute Rückantwort, kopiere ich nun wie folgt:

Hallo Herr Binsack,

ich habe Ihren Anhang inzwischen gelesen, bin mir aber nicht sicher, worauf
das, was Sie schreiben hinauslaufen soll.

Ich stelle mal meine Sicht der Dinge entgegen. Ich lasse die
Geisteswissenschaften außer der Mathematik und dem Teilgebiet „Logik“
(Metamathematik) der Philosophie mal außen vor, weil deren Gegenstand hier
relativ wenig zum Thema beiträgt.

Logik und Mathematik sind von Naturwissenschaften zu unterscheiden.

Logik und Mathematik sind deduktive Geisteswissenschaften, deren
Arbeitsweise (nach neuerem Verständnis, zeitlich übrigens nach Marx) darin
besteht, mittels logischer Transformationen aus Axiomen Sätze herzuleiten
(sog. Beweis). Auch wenn die Arbeit eines Mathematikers viel Intuition beim
Finden von Beweisen erfordert, ist ein Beweis eine vollständig mechanische,
im Prinzip von jedermann nachvollziehbare endliche Folge logischer
Elementartransformationen von endlichen Symbolketten, denen ein logischer
Wahrheitsgehalt zugewiesen wird. Nur logisch wahre Sätze können auch
bewiesen werden (aber nicht jeder wahre Satz hat auch einen Beweis – siehe
Gödel). Mathematik kann auch Sätze in Form von Gleichungen formulieren, aber
es gibt auch Sätze, deren Inhalt keine Gleichung ist (z.B. Ungleichungen).

Naturwissenschaften unterscheiden sich von der Mathematik dadurch, dass sie
induktive Wissenschaften sind. Sie versuchen möglichst allgemeingültige
Aussagen über die physikalische Realität zu machen. Die vermeintlich
fundamentalsten dieser Aussagen bezeichnet man als „Naturgesetze“. Zur
Quantifizierung von Aussagen bedienen sich Naturwissenschaften (wie
neuerdings in zunehmender Weise auch die Ökonomie) mathematischer Modelle.
Solche mathematischen Modelle (Theorien) können beispielsweise aus einem
System von Gleichungen bestehen, wie etwa die maxwellschen Gleichungen der
Elektrodynamik. Die experimentelle Naturwissenschaft prüft, ob sich die aus
den Gleichungen einer Theorie abgeleiteten Vorhersagen durch Experimente
bestätigen lassen.

K. Popper hat diese Arbeitsweise philosophisch auf den Punkt gebracht:
Naturwissenschaftliche Theorien sind grundsätzlich nur experimentell
falsifizierbar, aber nie beweisbar (letzteres würde logisch auch keinen Sinn
machen – es würde auf eine Verwechslung begrifflicher Kategorien
hinauslaufen). Eine Theorie, die experimentell reproduzierbar falsifiziert
wird, muss verworfen oder modifiziert werden. Der wissenschaftliche
Anspruch, der an eine naturwissenschaftliche(!) Theorie zu stellen ist, ist
dass sie falsifizierbare Vorhersagen erlaubt. Theorien, die inhärent
infalsifizierbar sind (wie Religionen oder metaphysische Philosophien) sind
naturwissenschaftlich wertlos.

Das bringt mich jetzt zur Dialektik und zur marxschen Wirtschaftstheorie.
Was bei mir als Grundverfahren der Dialektik hängen geblieben ist, ist die
Kette „… These – Antithese – Synthese …“. Zunächst sehe ich keine
Möglichkeit ohne geistige Verrenkung (solche gab es in der Tat im
sowjetischen Machtbereich) diesen Wirkmechanismus zum Beweis nur eines
einzigen mathematischen Satzes zu verwenden. Viel schlimmer: In Orwells 1984
wird Winston Smith, die Hauptfigur, am Ende dazu gebracht, jeder Logik
abzuschwören und nur noch das als gegeben hinzunehmen, was ihm der Staat
vorsetzt („Wie viele Finger sehen Sie?“). Wahr ist nach der Marxschen
Dialektik das, was sich geschichtlich in der Folge von Klassenkämpfen
durchsetzt. Buddhismus und Hinduismus sind hier immerhin so realistisch, den
Kampf der Gegensätze als einen unendlichen Kreislauf zu verstehen, während
Marx andererseits die alberne Vorstellung hat, dass die Gegensätze sich nach
der Diktatur des Proletariats sich im Kommunismus in Wohlgefallen auflösen.
Was für eine irrationale Heilslehre!

Naturwissenschaftlich könnte man die Kette „… Experiment – Modell –
Experiment – Modell …“ irgendwie noch auf „… These – Antithese –
Synthese …“ abbilden, aber mir kommt das ein wenig wie der zwanghafte
Versuch vor, quantorenlogische Operationen mit aristotelischer Logik
abzubilden, nämlich probleminadäquat.

Im Grunde ist die ganze marxsche Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie in
den 150 Jahren ihres Bestehens durch ihre reale Anwendung experimentell
widerlegt. Weder haben wir eine dauerhafte Verelendung der Massen im
Kapitalismus erlebt noch den Übergang von der Diktatur des Proletariats zum
Kommunismus. Die sozialistischen Systeme sind nicht an äußeren Einflüssen
gescheitert sondern in einem 80-jährigen Prozess innerlich verfault.

Das Problem der Marktwirtschaftsökonomen heute liegt meiner Ansicht nach
darin, dass sie die Komplexität ihres eigenen (letzten Ende physikalischen)
Systems nicht erfassen und meinen, Sie könnten das System durch ein paar
Gleichungen für einfachste Spezialfälle vollständig beschreiben. Das ist
heute das Hauptproblem und nicht, dass die marxsche Wirtschaftstheorie
verkannt wird.

Viele Grüße
Wolfgang Klein

Sehr geehrte Herr Dr. Klein,
ich danke für Ihre Antwort (und auch für die Belehrung, ich bemühe mich, sie zu verarbeiten) hatte auch kein Ziel mit meiner Antwort, insofern, weiß ich natürlich auch nicht, worauf das letztlich hinaus laufen soll, vielleicht einfach darauf, Auseinandersetzung mit „vom Hören Sagen“ (oder aus der Erinnerung) so nicht stehen zu lassen. Auch jetzt verwenden Sie eine solche „Erinnerung“, und damit völlig falsch. Wo steht, „dass die Gegensätze sich nach der Diktatur des Proletariats (…) im Kommunismus in Wohlgefallen auflösen“?
Die antagonistischen Klassengegensätze verschwinden, da der Klassenantagonismus mit dem Verschwundensein der Klassen obsolet sein wird.
Für den Fall, dass die Dialektik nicht nur eine Theorie ist, die nur auf die Klassengesellschaft rekurriert (es gibt solche Behauptungen in gewissen Kreisen der sog. „Schon-nicht-Mehr-Marxisten“, siehe die „Wertkritik“/Wertabspaltung/Robert Kurz etc.), bliebe sie voll bestehen.
In „Dialektik der Natur“ hat Engels einen Versuch unternommen, zu belegen, dass die Dialektik eben in der Natur selbst vorkommt. Er hat das nach meiner Meinung sehr gut an der Metamorphose der Pflanzen getan.
Deduktive/Logische Verfahren sind per se nicht dialektisch nachzuvollziehen. Sie sind auch eine (zulässige) Methode des Erkenntnisgewinns, das steht außer Zweifel. Sie sagen ja selbst, dass die Mathematik naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zur Quantifizierung verhülfe. Damit beschränkt sich die Mathematik auf einen Aspekt des Erkenntnisgewinns, der definitiv nicht die Dialektik der Natur zu begreifen sucht. Mathematik beschränkt sich auf den quantitativen Aspekt der Entwicklung, den sicherlich auch falsifizierbaren, aber trotzdem nur Teilaspekt. Den Sprung in der Entwicklung, der Abbruch der Allmählichkeit, das Entstehen von Neuem ist somit nicht Gegenstand von Mathematik und von Logik. Ganz im Gegenteil: rein logisch lässt sich das nicht begreifen (daher auch Ihr Mangel an Verständnis für Dialektik). Dann wären wir im Reich der Scholastik (denn diese versuchte mit der Dialektik fertig zu werden, ohne sich mit ihr zu beschäftigen). Die Dialektik ist somit Teil der Philosophie und übergreift alle Wissenschaften (die Natur- wie die Geisteswissenschaften).
Dass der Kommunismus widerlegt ist (er ist falsifizierbar, aber doch nicht innerhalb von 150 Jahren, Klassengesellschaften und ihre Widersprüche, dauern nun mal etwas länger, bedauerlicherweise), halte ich für ein Gerücht, widerlegt, das heißt gescheitert sind die bisherigen Versuche (einschließlich der Missgriffe auf Marx) den Sozialismus einzuführen. Die Theorie ist nicht gescheitert, gewisse historische Episoden, die sind es. – Auch Keynes scheint gescheitert, und doch wird gegenwärtig wieder versucht, ihn zu beleben, ja ohne Keynes scheint es in einer Marktwirtschaft gar nicht zu gehen, eben wegen deren Widersprüche, so wenig wie ohne Marx, nur Marx geht über das System hinaus, und das macht ihn unberührbar. Auch Keynes versuchte sich darin, sie zu quantifizieren, so erhielt er einen mehr oder weniger brauchbaren Teilaspekt, für eine gewisse Periode – die Nachkriegsperiode – hieraus. Er war bekanntermaßen ein „Buchhalter“, kein Philosoph. Das ist kein Beleg für oder gegen ihn. Es bestätigt ihn, aber eben nur in dem Bereich, wo er gültig sein kann. Klar ausgedrückt: Wenn der kapitalistische Staat die kapitalistischer Wirtschaft verstaatlicht/Teil verstaatlicht, geht das nur mit Keynes. Eine ökonomische Theorie für einen Teilaspekt, ist doch schon mal was, eben nicht widerlegt, eigentlich nicht widerlegbar, da nur in Teilen wirksam, aber auch nicht wirklich begründet, da ohne philosophischen Gehalt. Eine rein pragmatische Theorie, wie beinahe alles im Kapitalismus. Die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern sich, damit die Vorgaben für oder gegen eine Theorie. Im Bereich von Gesellschaftstheorien, geht es nicht rein logisch zu, eben nicht widerspruchsfrei, ja nicht mal rein wissenschaftlich, und sie umfassen hunderte, wenn nicht tausende von Jahren, in denen sie immer wieder evident werden können (nachdem man schon glaubte, dass sie tot seien).
Als was würden Sie übrigens 1 Milliarde chronisch Unterernährter in einer zivilisierten Welt von 6 Milliarden Menschen bezeichnen? Als keinen Beleg für massenhaften Hunger?
Und die ökonomischen Theorien von Marx sind auch im engeren Sinne, im streng wissenschaftlichen Sinne, nicht widerlegt (allerdings sehr wohl falsifizierbar – mehrere Generationen von streitbaren Wissenschaftlern, marxistischer wie antimarxistischer Provenienz, belegen das), das zeigt ganz deutlich die gegenwärtige Krise wieder. Kaum eine Debatte, ja selbst in den streng bürgerlichen Theoriezirkeln, die nicht auf Marx zurückgreift.
Widerlegt sind alle Theorien, die glauben, man könne Marx einfach so abtun, und sei es, indem man alle Gesellschaftsordnungen, die sich auf ihn berufen (zu Recht oder zu Unrecht) niederschlägt. – Das ist ja auch Klassenkampf, dieses Niederschlagen, und damit Beleg wie Gegenstand einer (auch selbstkritischen) dialektischen Untersuchung! Warum niedergeschlagen, warum so erfolglos? Und doch: wo sind die großen Entwicklungslinien?
Und: Das sind historische Linien, die nicht alleine, ja nicht mal hauptsächlich, durch die Evidenz einer Theorie Bestätigung finden, sondern durch das Verhalten der Massen, das natürlich nicht logisch, auch nicht immer dialektisch zu begreifen geht. Wir wissen, dass die Psychologie auch eine große Rolle spielt (die Manipulation mit den Gefühlen auch! Nicht zuletzt die Unwissenheit, die Ignoranz).
Allerdings: je länger der Zeitraum, der zur Untersuchung zur Verfügung steht, je deutlich lässt uns das die Dialektik erkennen, als allgemeinstes Entwicklungsgesetz. Das faustische Prinzip in der Entwicklung von Mensch wie scheinbar auch Natur, von Menschen gemachte Natur. – Der Geist, der alles negiert! Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Man kann also nicht Marx, resp. seine Theorie für jeden „Furz“ (entschuldigen Sie den Ausdruck), die ein Chruschtschow, oder ein Ulbricht (von wegen: Gulaschkommunismus) gelassen haben, verantwortlich machen, aber man kann die Theorie an den großen Entwicklungssprüngen einer Epoche (auch zu einer nächsten) messen, und gerade jetzt scheinen wir an einem solchen Epochenbruch zu stehen, daher auch die (erneute) Evidenz von Dialektik (und vielen anderen Theorien, die tot geglaubt waren.
Eine große Niederlage, der Untergang dieses sog. Realsozialismus, keine Frage, aber wie groß erst die Niederlage des Kapitals in seiner eigenen Krise, in seiner eigenen Gesellschaft. Und vielleicht wegen dieses Untergangs des Sozialismus, denn war dieser nicht auch (noch) eine Klassengesellschaft? Das faustische Prinzip!
Mit freundlichen Grüßen
Herold Binsack

faz.net/Was ist schiefgelaufen? Die Ökonomen in der Sinnkrise, 05.04.09

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  • Von Die Lücke am 20. Oktober 2009 um 19:36 Uhr veröffentlicht

    […] und einem Supercomputer. Es gibt da eine Differenz, eine wesentliche „Lücke“ (Slavoj Žižek Slavoj Žižek), die durchaus vom Geist her kommen könnte (aber ich vermute, dass es erheblich komplexer ist, […]

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