Wenn die Realität sich durchsetzt
Am vermutlichen Dilemma der ehemaligen SED können wir erkennen, wohin es führt, wenn Argumente nicht mehr überzeugen sollen, Grundsätzliches zu vermitteln suchen, sondern nur noch erpresserischen Gehalts sind. Als die Massen die Öffnung der Mauer einforderten, wagte es diesen gegenüber kaum noch einer den „Sozialismus“ mit Hilfe dieser Mauer verteidigen zu wollen. Ausschließlich ging es um die Frage: was passiert wenn? Was passiert, wenn die Mauer geöffnet wird? Ist die DDR binnen weniger Stunden leer gefegt? Oder was passiert, wenn sie nicht geöffnet wird? Gibt es einen Aufstand? Oder gibt es gar eine 3. Lösung? Kann man die Mauer aufmachen und wieder zumachen, aufmachen und wieder zumachen; also kann man Druck ablassen? Die Mauer wurde geöffnet, wie wir wissen, u.a. wohl auch aus dem instinktmäßigen Erfassen der Realität. Und aus der Erkenntnis heraus, dass das schlimmere Szenarium wohl gewesen wäre, noch weiter zu zögern. Noch weiter auf Zeit zu spielen. Für mich, dem die „Revolution“ in dieser DDR immer noch suspekt sein will, wäre das der einzige Grund für, warum es vermutlich doch eine Revolution war, denn nur in Revolutionen setzt sich schließlich die Realität durch.
faz.net/moralisierung-einer-sachfrage-wie-die-pid-so-der-euro-13-09-2011