Das vor uns Liegende kann erst beschrieben werden, wenn es hinter uns liegt

Das vor uns Liegende kann erst beschrieben werden, wenn es hinter uns liegt
Wunderbar! Nicht nur deswegen: „Die politische Macht, die wirkliche Macht, hat ein neues Instrument entdeckt: Sie schweigt.“ Und auch nicht nur wegen der Berufung auf Marx und Heine (bei Hölderlin war es noch der „wahre Dichter“, der zu schweigen hat!), obwohl mir das natürlich gefällt, denn dieser Bezug ist völlig korrekt, geradezu im marxschen/heineschen Sinne. Und auch in Bezug auf die Literatur habe ich ähnliches schon öfters gefordert. Nicht selten wurde ich dann gekürzt, zensiert, somit verfälscht. Von Ihrer Zeitung gar, Herr Schirrmacher! Ich erlaube es mir daher, mich auf Sie zu berufen, nämlich wo Sie da fordern: „Dabei könnte sie durch die Kraft von Bildern uns überhaupt erst sichtbar machen, was wir selbst noch nicht in Worte fassen können.“ Was wir nicht in Worte fassen können, ist das, was uns angesichts der geradezu offenkundigen Zeitenwende, die wir da vor uns sehen, bzw. in der wir mitten drin stecken, beinahe sprachlos macht. Noch nie schien eine so deutliche Wirklichkeit so unwirklich und so kaum beschreibbar. Auch die „Bilder“ hiervon sind von der Semantik abhängig. Diese wird sich ändern. Leider aber erst im Nachhinein. So wird es wohl kommen, wie gehabt: Auch das greifbar vor uns Liegende, kann erst beschrieben werden, wenn es hinter uns liegt.

faz.net/Literatur und Politik: Eine Stimme fehlt, 18.03.2011

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