Das Volk beruhigen, die Banken befriedigen

Das Volk beruhigen, die Banken befriedigen
Man muss schon die Bonis differenzieren. Ein Boni, den sich zum Beispiel ein Herr Ackermann gewährt, ist nicht Teil seines „Gehaltes“, sondern Kapitalentnahme – Profitentnahme (und als eine solche, wär sie mit Sicherheit anders zu versteuern, nämlich analog der Einkommenssteuer, als ein Boni). Es mag ja so aussehen, als wären in einer Aktiengesellschaft die Aktionäre die Eigentümer, aber das trifft nur für die Haupteigentümer zu, und die wiederum bilden das Kapital – als Klasse (die anderen nur die Masse des zirkulierenden „Etwas“). Ein Spitzenmanager, wie der Vorstand einer Bank, mag formal als Angestellter durchgehen, aber er ist Teil dieser Klasse. Wer 20 Millionen und mehr an Euros oder Dollars im Jahr verdient, hat davon längst eine Menge angelegt, investiert, in dieser oder jener Aktiengesellschaft, in diesem oder jenem Investment, und dort wie hier dürfte er nicht zu dem Millionenheer der Kleinaktionäre zählen.

Die Bonis an die Masse der subalternen „Banker“ sind eigentlich Gehalt, und gehörten auch so versteuert, im Rahmen deren Einkommenssteuer. Wie gesagt, nur im Interesse der steuerlichen Begünstigung von Profitentnahmen, ließ man jene Angestellten an diesem Kuchen bisher Teil haben.

Bonis sind allerdings eine andere Kategorie von Gehalt, eigentlich eine Art Bestechungsgeld, das dafür gezahlt wird, dass man möglichst ohne Skrupel viele Kleinanleger über den Tisch zieht, solche, die den Unterschied zwischen „Klasse“ und Masse noch nicht begriffen haben, also all diejenigen, die an das Kapital glauben, anstatt etwas zu wissen. In diesem Sinne sind solche Angestellte Insider, Leute mit besonderem Wissen, die man nicht einfach so im Regen stehen lassen kann, ohne sich selbst zu schaden. Sie gehören, wie die Regierungen und die hohen Beamten, zum „Offizierskorps“ (Marx) des Kapitals. Es sind die Leute, die für ein ordentliches Blutbad ein angemessenes Gehalt beziehen, ein Gehalt, das nicht dem Lohndiktat unterliegt, sondern der Profitteilhabe, womit es also ebenso Teil des Kuchens ist, den sich das Kapital eigentlich gerne alleine gönnt.

Die Finanzkrise lässt es opportun erscheinen, dass man nun solche „Offiziere“ opfert, aber das zöge strategische Nachteile nach. Wie gesagt, solche Offiziere kann man nicht einfach entlassen, ohne dass sie zur Gefahr werden. Man muss sie kaufen oder vernichten. So wird sich das Kapital gut überlegen, welche Teile seines Offizierskorps entbehrlich sind: die aus der Politik oder die aus der Finanzwirtschaft (die im Übrigen oft gegeneinander ausgetauscht werden). Ganz konkret: opfert man gewisse „Banker“ oder Minister? Diese Frage wird im Laufe des noch vor uns liegenden Geschehens noch oft gestellt werden. Im Moment sieht es so aus, als wären die Minister auf der sicheren Seite – der Staatsknete wegen, die sie noch in der Krise zu verfeuern haben. Aber die Haltung einer Frau Merkel zeigt deutlich, wie prekär ihre Rolle dabei sein könnte, die Frau hat Instinkt.

Der all zu schnell genutzte Hass gegen die Bonibanker – gerade England ist da ein Beispiel für -, könnte sich recht bald zu einer handfesten Regierungskrise auswachsen. Das wiederum würde den Klassenkampf schnell verschärfen, ihn wahrlich zu einem politischen werden lassen, und das will natürlich auch das Finanzkapital nicht. Also bewegt sich das Ganze auf dem dünnen Eis der Demagogie, des Volksbetrugs. Durchaus möglich, dass nun Schlupflöcher aufgemacht werden, die das Volk beruhigen und die Banken befriedigen.

Slowenien!
@Don Alphonso: Das Tessin wäre mein Favorit, aber mehr als Urlaub kann ich mir dort nicht leisten, außerdem sind mir die Schweizer, so zuvorkommend sie im Straßenverkehr sind, als Nachbarn zu spießig – nicht erst seit diesem Minarettverbot. Slowenien wäre daher nicht so verkehrt, allerdings gehört dieses Land schon fast wieder den „Habsburgern“. Und wer mag schon diese Zwockel überall? Naja, Sie als waschechter Bayer mögen das vielleicht ganz vertraut finden. Allerdings könnten Sie dann mit Žižek plaudern, wird aber ein wenig Gehirnschmalz kosten.

Stilfragen
@Don Alphonso: Zur Stilfrage habe ich einen Beitrag, den ich hier gerne zur Kenntnis gebe (Auch die Ästhetik ist letztlich eine Machtfrage faz.net).

faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/12/10/die-kleine-schweiz-und-die-kleinen-boni-kleinlicher-banker

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2 Trackbacks

  • Von Taktische Differenz am 18. Dezember 2009 um 22:16 Uhr veröffentlicht

    […] Volkes können demnach auch höchst zweifelhaft sein. Negative Mehrheiten, ja!, aber positive? Das Minarettverbot ist zufällig mal beides: negativ als Ressentiment und „positiv“ als Ausdruck von Rassismus. […]

  • Von Schamlosigkeit oder Dummheit am 1. Februar 2010 um 22:03 Uhr veröffentlicht

    […] Polemik der revolutionären Linken, bzgl. der Macht des Kapitals im Verhältnis zu dessen „Offizieren“ (Marx), gewissermaßen selbstsatirisch bestätigen. Ist das Schamlosigkeit oder […]

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