Der Spatenstich nach oben
Ein wichtiger Aspekt, wenn Politiker den Spaten stechen, nach unten stechen, in saftige Muttererde, ist gar nicht genannt, nämlich der, dass an diesem Grund in aller Regel reichlich Geld verdient wurde (und weiter verdient werden wird). So mancher Bauer/Landwirt/ Stadtrat/Landrat (soll ich weiter aufzählen?) wurde da plötzlich sehr reich. Weil an der „Grünen Wiese“ dieses Bauern über Nacht quasi öffentliches Interesse bestand, Ackerland in Bauland umgewidmet wurde, per Beschluss der einen oder anderen Ratsversammlung. Ein Ikea hier, ein Baumarkt dort! Nicht selten, dass diese Beschlüsse oft sehr überraschend kamen, allerdings nicht selten zur Überraschung des so plötzlich Begüterten. So wurde in den letzten Jahrzehnten nicht nur eine Menge Geld geschaffen, wirklich geschaffen, sondern auch eine gewisse Vernetzung von Insidern, von Leuten, die immer wissen, wo demnächst Bauland entsteht. Eine ganze Klasse von Politikern, die sich sozusagen mit Spatenstichen nach oben arbeiten, in die Klasse der wirklich Begüterten, der wahrlich Herrschenden. (Von der Zersiedelung der Landschaft will ich hier erst gar nicht reden, und von der Verödung der Innenstädte, das wäre ein all zu weites Thema.)
Die Welt der Dinger(n)
Am Rande sei noch erwähnt, und das will mir halt nicht als Zufall erscheinen, dass eine Frau das „Ding“ zum Thema macht, ja zum Einstieg in ihr Blog. Ich meine jetzt nicht „das Ding“, also anspielend auf ein gewisses sexuelles Attribut, wobei ich das nicht ausschließe, diesbezüglich belasse ich es mal bei einer Doppeldeutigkeit, nein, ich meine natürlich die Sicht der Frau auf die Dinglichkeit der Welt. Und nur unter diesem Aspekt, wäre dann auch der Blick auf „das Ding“ richtig eingeordnet. Nicht im fetischistischen Sinne, und das wäre halt der Unterschied zu jenen, die ebenfalls von Dingen/Dingern inspiriert, ja erotisiert, dabei aber doch nur in ihre eigenen Projektionen vernarrt sind. Es geht um den Blick auf die Dinge, so wie sie sind, und wofür sie sind, und in welchen Zusammenhängen sie sind. Es ist dies womöglich der Urgrund für die Fähigkeit der Frau immer noch dort Gegenwart zu erkennen, wo der Mann sich schon in der Zukunft wähnt, Geschichte imaginiert, denn das Vergangene (die letzte Gegenwart) ist ebenfalls schon abstrakt Geschichtliches. Die Dinge in Ihren Zusammenhängen, gleich welchen, zu erfahren, heißt die Gegenwart erfahren, gegenwärtliches verlängern, und sich damit Spielräume erweitern, ja Handlungsräume für Konkretes dort zu schaffen, wo der Mann dann schon im Abstrakten steckt, feststeckt, wie irre Bedeutungen sucht, statt die Dinge zu sehen, und damit die eigentliche Geschichte verpasst.
Der Spaten ist offensichtlich ein männliches Attribut, Werkzeug für Besitznahme, Instrument für die Befruchtung, ein höchst aggressives männliches Attribut. Es scheint mir sehr mutig, den Blog damit zu beginnen, ein solches als „Ikone“ zu verhöhnen. Ist doch Ikone selbst weiblich aber männlichen Besitzern zugeschrieben.
Ein frontaler und doch listenreicher, also höchst intelligenter Angriff auf die Welt des Mannes, seinen „Dingern“, die ja in Wirklichkeit nur Abstraktionen hiervon sind, sprachliches Konstrukt, „Machtdemonstrationen, oft nur Wahnideen hieraus, Projektionen allemal, schlicht: Ideen nur.
In diesem Angriff steckt das Wissen, dass die Welt, unsere Welt, so wie sie ist, so wie sie von uns und für uns Männern ist, immer noch eine auf dem Kopf gestellte ist. Hegels Weltgeist geistert noch (der Zins hat mehr Realität als das Vermögen in seiner Substanz).
Marx Kritik hat nicht gefruchtet. Vielleicht auch, weil ein Mann diesbezüglich schon desavouiert ist, wenn er sich als Mann zu erkennen gibt. Die Hälfte glaubt ihm nicht, die andere verfälscht ihn.
Wir können nicht aus unserem Käfig
@Diener: Eben! Ich vermute mal, dass die „typische Frau“ gar nicht auf die Idee käme, so zu schreiben, ein Thema so zu behandeln. Bewusst ist man/frau diesbezüglich nur, und dies auch nur im Rahmen der Möglichkeiten des Bewusst-seins, wenn man in der Lage ist, in der jeweils anderen Seite „zu wildern“. So in etwa war auch mal ein Vorwurf, den sich Ernest Bornemann („Das Patriarchat“) von Alice Schwarzer hat anhören müssen: er „wildere in ihrem Revier“. Im Übrigen kann ich nur wenig bis gar nichts mit dem postfeministischen „Gender“ anfangen, so wenig wie zuvor schon mit dem bürgerlichen Feminismus. Ich betrachte mich in dieser Hinsicht auch als einen „typischen Mann“, was auch immer das sein mag (der im Übrigen in seinen geschlechtlichen Beziehungen die gleichen Probleme haben dürfte wie durchschnittlich alle Männer). Ich kann die meisten Dinge, die (viele) Frauen eben können, eben auch nicht. – Fragen Sie mich jetzt bloß nicht, was das alles sei, denn das wären zu viele Dinge, Dinge eben. Denn auch schreiben tue ich, vermutlich wie ein Mann – in aller Regel Dinge-los, Abstraktes liebend – und das, obwohl ich mir dessen bewusst bin.
Es ist auch gar nicht mein Bestreben sexual bedingte Grenzen zu überschreiten, obwohl ich gerne an die Grenzen gehe. Ich verstehe Frauen daher auch nicht besser, sondern ich versuche nur die Gründe ihres Andersseins zu erforschen und diese Kenntnis in meine Erkenntnislücken einzufügen. (Das wird nicht von allen Frauen gerne gesehen!)
„Multiple Identitäten“ sind nicht mein Ding, was nicht bedeutet, dass ich glaube, dass „ d i e Identität“ existiert, aber sie ist die Sicht des Mannes, und hiervon abgeleitet (die Welt des Patriarchats steht bekanntlich auf dem Kopf!), die Sicht der Frau – sie subsistiert solchermaßen. Als e i n Zusammen, in ihrer inneren Widersprüchlichkeit, existiert sie.
Überwinden werden wir diese Sichten geistig, vielleicht, wenn überhaupt (das bürgerliche Leben eines Karl Marx, soweit man davon sprechen darf, wäre ein Beleg dafür, wie wenig Man(n) in der Lage ist, solche Sichten wirklich zu überwinden, selbst dann, wenn man/frau solchen geistig weit voraus ist, denn diese Sichten werden erst dann überwunden, wenn die materiellen Voraussetzungen für da sind). Und es geht nicht nur ein Bornemann sehr weit, wenn er bezüglich der geschlechtlichen Zukunft des Menschen/des Mannes gar keine Polarität mehr sehen mag, sondern zum Beispiel auch ein Bryon Sykes („Keine Zukunft für Adam“), der eben diesen Prozess, und diesmal durch die Brille der Gen-Forschung, sogar schon angebrochen sieht, was den Widerspruch aber obsolet machen dürfte, in einigen 100000 Jahren, mehr oder weniger (siehe auch: Werke/Grünhofausstellung/Was dem Manne sein Orakel/pdf).
Solange das nicht der Fall ist, wird die menschliche Welt bipolar ausgerichtet sein, sexual/sexuell gesteuert eben. Selbst „Anders-Sein“ ist immer nur Ableitung von der sog. Normalität – Variation hiervon, nicht ihre Überwindung. Denn wir können nicht aus unserem Käfig.
faz.net/blogs/ding/archive/2009/07/17/der-spaten
Ein Trackback
[…] darauf ein), bzw. das männliche Y-Chromosom, dank zunehmender Unfruchtbarkeit, untergeht (Byron Sykes), könnte ich mir auch eine androgyne Herrschaft, eine hermaphroditische, vorstellen. Und genau […]