Die Strafe für jede versäumte gesellschaftliche Anpassung
Es ist schon interessant, wie ausgerechnet Ortegas massenfeindlichstes Zitat aus dem Ärmel geholt wird, um eine konservative Argumentation zu untermauern. Nur Ortega (siehe auch: Immer ein Ausweg) war kein Feind der Massen, er war ein genauer Beobachter, und für ihn war der Begriff der Masse nicht identisch mit dem weitläufig verbreiteten. Ein „Spezialist“ galt ihm u.U. als der schlimmere Vertreter dessen, was negativ an den Massen sei: Halbwissen. Und eben solches Halbwissen scheint mir hier in die Welt gesetzt. Das Internet passt nicht mehr zu so vielem, letztlich auch zu Eigentum, materialem wie geistigem. Aber vor allem passt es nicht mehr zu hierarchischen – qualitativen – Vorstellungen. Es scheint das demokratischste Medium, das wir je hatten, zu sein, das ideale Mittel der Massen, der puren Masse. Es ist absurd, anzunehmen, dass ein solches Mittel, das alles was Menschen je getan und gedacht haben, nun auf den Kopf stellt, an dem gemessen werden soll, was diese Menschen bisher so zu Wege gebracht haben, zum Beispiel Eigentum, Hierarchie, Status und Rechtsmittel. So wie es scheint, ist das Internet ein Instrument, das weit über das Gegebene, das Erstarrte, hinaus greift, und somit ist es auch die Strafe für jede versäumte gesellschaftliche Anpassung.
faz.net/Lehrerbewertung: Der Aufstand der Massen, 27.06.09
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[…] Kapazität sollte eben nicht ausschließlich Spezialistenwissen sein. Aber wie sagte schon Ortega bzgl. jener Spezialisten? Seien sie doch der Prototyp des Massenmenschen, des Halbgebildeten (Der […]